Hat die EZB den Bitcoin verstanden?

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Die Europäische Zentralbank veröffentlichte kürzlich eine Analyse des Bitcoin unter dem Titel The distributional consequences of Bitcoin (von Ulrich Bindseil und Jürgen Schaaf).

Der Artikel porträtiert Bitcoin als spekulativen Vermögenswert, der einzig und alleine frühe Investoren reich macht, ohne für die Gesellschaft wertvolle Beiträge zu leisten.

Obwohl der Beitrag sich ein wissenschaftliches Kleid gibt ist er m.E. nicht die objektive und umfassende Analyse, die man von einem öffentlichen Dienstleister erwarten würde. So enthält der Artikel bedeutende Unterlassungen, mangelhaften Darstellung von Bitcoins Nutzen für die Gesellschaft, sowie mehrere Fälle von irreführendem Kontext (poor framing). Kan darf sich fragen, warum die Autoren es für notwendig erachten, Ihren Kommentar zu Celebrities, Fussball, und Crypto-Lobbying abzugeben. Es scheint, als wollten sie sagen: «Bitte, liebe Leser, lasst uns Bitcoin beerdigen, so dass wir noch einige Jahre länger an unserem FIAT-Kartenhaus weiterbauen können».

Es ist bedauerlich, dass Herr Bindseil eine Einladung ausgeschlagen hat, seine Analyse in Marty Bents Show zu besprechen, insbesondere weil Marty Bent im EZB-Papier mehrmals namentlich erwähnt wird. Das wäre eine interessante Diskussion geworden.

Kurz nach der Veröffentlichung hat ein Team des Satoshi Action Fund eine sehr detaillierte und präzise Gegendarstellung publiziert (Rudd et al. 1), deren Gültigkeit weit über das kritisierte Papier hinausgeht. Die Replik von Rudd et al. eignet sich m.E. ausgezeichnet um Missverständnisse und absichtliche Schwarzmalerei rund um Bitcoin aus dem Weg zu räumen.

Die Gegendarstellung des Satoshi Action Funds beinhaltet folgende Elemente:

  • Eine Aufzählung von Bitcoins Nutzen, welche im ECB-Artikel übersehen wurden.
  • Eine Besprechung und Präzisierung mehrere Fälle irreführender kontextuellen Einbettung. So wird Bitcoin im EZB-Artikel beispielsweise dafür kritisiert, dass frühe Investoren sehr reich werden, ohne dass die Gesellschaft einen Nutzen davon ziehen würde. Der Artikel ignoriert jedoch, dass Bitcoin für alle ein effektiver Schutz vor übermässiger Ausweitung der Geldmenge und der einhergehenden Inflation darstellt. Es wird ebenfalls übersehen, dass es allen von Anfang an offen stand, Bitcoin früh zu erwerben. Und letztlich liegt es in der Natur der Sache, dass Frühaufsteher bei allen erfolgreichen Anlageklassen reich werden. Darauf, dass sie dabei bedeutende Risiken in Kauf nehmen, wird nicht eingegangen.
  • Rudd et al. zeigen auf, dass der Artikel nicht nur ökonomisch sonder auch politisch motiviert ist. So kommentieren die EZB-Autoren eine mögliche Auswirkung von Bitcoin auf die bevorstehenden Präsidentschaftswahlen in den U.S.A.
  • Zuletzt wird die Frage in den Raum gestellt, wie unbefangen die Autoren des EZB-Artikels analysiert haben. Tatsache ist, dass sie einerseits an der Ausgestaltung einer europäischen Digitalwährung2 (CBDC) mitarbeiten wie auch von der EZB bezahlt werden.
  1. Rudd MA, Farrington A, New F, Porter D. 2024. Challenging bias in the ECB’s Bitcoin analysis. Working paper, Satoshi Action Education, Portland, Oregon. DOI: http://dx.doi.org/10.13140/RG.2.2.17555.28968 ↩︎
  2. Die EZB ist an der Ausarbeitung einer eigenen CBDC (Central Bank Digital Currency), welche Euros auf einer Blockchain im Umlauf bringen wollen. Im Unterschied zu Bitcoin wäre diese streng reguliert und deren Verwendung würde präzise überwacht. ↩︎
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