Privatsphäre oder nicht?

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Vor vier oder fünf Jahren war es für viele noch unklar, ob Bitcoin vom Establishment1 akzeptiert wird oder ob diese versuchen werden, dessen Einführung so lange wie möglich zu behindern.

Heute, im Januar 2025, sieht es anders aus: Bitcoin hat sich als Anlageklasse durchgesetzt, wird von wohlhabenden Privaten und Firmen in die Bilanz gelegt und ist ganz allgemein salonfähig geworden. Ein wirkungsvolles Verbot ist vom Tisch.

Die nächste Hürde auf dem Weg zum freien Umgang mit Geld wird wohl darin bestehen, dass die Welt sich klar werden muss, wie Bitcoin gesichert, gehandelt und verwendet werden soll. Wollen wir eine Welt der Eigenverantwortung und Freiheit, oder wollen wir, dass eine höhere Macht uns (und vor allem den andern) vorschreibt, was wir dürfen und was uns untersagt ist?

Nachfolgend beschreibe ich drei Beispiele, welche die aktuellen Auseinandersetzungen zwichen Staaten und Regulatoren einerseits, und Individuen andrerseits verdeutlichen. Zuerst aber eine Einführung in die Problematik.

Privatsphäre im analogen Raum

Um sich selber vor Neid und Überfällen zu schützen, sollten wir niemals unüberlegt jemandem sagen, dass wir Bitcoin besitzen und schon gar nicht wie viele. Sollte der Wertezuwachs so weitergehen, könnte bald schon ein einziger Bitcoin Grund für einen Überfall bieten. Es gibt ja auch sonst viele guten Gründe, um über Bitcoin zu sprechen 😉

Privatsphäre auf der Blockchain

Bitcoin ist so gebaut, dass eine Überweisung an jemanden durchgeführt werden kann, der lediglich durch eine preudonyme Adresse identifiziert ist.

Jedoch gibt es Firmen wie Chainalysis, die alles daran setzen die Transaktionen (die Münzen heissen UTXOs) so gut wie möglich einzelnen Menschen oder Firmen zuzuweisen, und die Information dann an den Meistbietenden zu verkaufen. Die Zuordnungen sind fast nie präzise, sondern immer mit Unsicherheiten behaftet.

Nachfolgend sehen wir eine Standard-Transaktion, bei der zwei Münzen ausgegeben werden und zwei neue Münzen entstehen (sowie Gebühren anfallen). Die Analyse geht nun davon aus, dass die beiden Münzen, die ausgegeben werden ein und derselben Person gehören. Daneben werden etliche weitern Heuristiken2 verwendet um die Eigentüberschaft zu ermitteln.

Standard Bitcoin Transaktion
Diese Graphik zeigt eine Standard-Transaktion mit zwei Inputs, einem Output, Rückgeld und den Gebühren.

Die Zuordnung kann nun durchbrochen werden, indem man Transaktionen baut, die als Input vielen Münzen verschiedener Nutzer verwenden und als Outputs viele Münzen mit identischem Betrag produzieren. Die Zuweisung an einzelne Menschen wird dadurch verunmöglicht.

CoinJoin Transaktion
Hier sehen wir eine CoinJoin-Transaktion, deren Ziel es ist, die Nachverfolgbarkeit von Bitcoin zu unterbinden.

Leider ist auch für alle einsehbar, dass die neuen Münzen aus CoinJoins entstanden sind. Gewisse Institutionen (Börsen, etc.) können nun deren Annahme verweigern, wenn das von Regierungen verlangt wird.

Nachfoglend möchte ich zwei Beispiele nennen, die aufzeigen, wie der Staat versucht, die Geldströme zu überwachen und kontrollieren und dabei die Privatsphäre bzw. die Gesetze unter Druck gesetzt werden.

Beispiel: Roman Sterlingov

Roman Sterlingov, ein Russisch-Schwedischer Doppelbürger ohne Bezug zur USA, wurde von den USA wegen Geldwäscherei und dem Betrieb eines Geldübermittlungsdienstes zu zwölf Jahren Haft verurteilt. Bitcoin Fog, so der Name des Dienstes, war von Oktober 2011 bis April 2021 in Betrieb. Ihm wurde die Abwicklung von hunderten von Millionen Dollar in illegalen Geschäften vorgeworfen. Mehr dazu im Artikel von Blocktrainer und den Englischen Artikel von TFTC.

Umstrittene Analyse durch Chainalysis

Sterlingov behauptete, dass er lediglich ein Nutzer von Bitcoin Fog war, und bestritt, an dessen Betrieb beteiligt gewesen zu sein. Die Indizien zur Verurteilung wurden von Chainalysis geliefert und werden von namhaften Bitcoinern als Junk science und guesswork bezeichnet, welche viele falsche Treffer liefert. Darin wurde eine Spur von einem Mt. Gox Wallet zum Kauf einer Domäne für Bitcoin Fog gezogen.

Beispiel: Samourai Case

Dieser Fall ist deshalb aussergewöhnlich, da hier zwei Entwickler angeklagt wurden, welche Software zur Verfügung gestellt haben, welche es Nutzern erlaubte an sogenannten CoinJoins teilzunehmen. Das Wichtige daran ist, dass die Nutzer zu jeder Zeit im ganzen Verfahren die Eigentümer der Bitcoins bleiben. Es handelt sich also um einen non-custodial service.

Die beiden Samourai-Wallet Entwickler Keonne Rodriguez und William Lonergan Hill wurden im April verhaftet. Ihnen wird wie im vorigen Fall Geldwäscherei und den Betrieb eines Geldvermittlungsdienstes zur Last gelgegt. Sie sollen damit Millionen von Dollar an Gebühren verdient haben.

Die zwei Senatoren Cynthia Lummis (R-WY) und Ron Wyden (D-OR) haben sich in einem Brief an Generalstaatsanwalt Merrick Garland dafür eingesetzt, dass Crypto-Software, welche keinen Besitz von Kundengeldern nehmen nicht als Geldvermittlungsdienste angesehen werden sollen.

Ich kann Euch den Peer-to-Peer Rights Fund empfehlen, der sich für die beiden angeklagten Entwickler einsetzt.

Beispiel: Travel Rules

Der Satoshi Test ist ein Beispiel einer unbrauchbaren Lösung für ein unlösbares Problem.

Seit dem 30. Dezember 2024 gelten neue Regeln, die Börsen und Geldvermittler beim Ein- und Auszahlen berücksichtigen müssen. Diese müssen nun alle einen «Satoshi Test» sowohl für Einazhlungen als auch für Auszahlungen durchführen.

Das Bitbox-Team schreibt:

Money launderers, terrorists and criminals in general, who are targeted by these regulations, can easily bypass any of the technical verification steps if they really wanted to, which arguably makes them pointless in the first place. This is neither an endorsement of criminal activity, nor is it an argument against the noble goal of fighting against it, but simply a technical reality of how the Bitcoin network works.

  1. Hier: Regierungen, Banken, Wirtschaftsführer ↩︎
  2. alle verknüpften Inputs gehören einer Person, Rückgeld-Adresse hat «krumme» Beträge, wurde nie verwendet, hat den gleichen Skriptyp, irgendwann landet eine Münze auf einer KYC-Börse ↩︎

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